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Datenschutz in Apps & sozialen Medien (Interview mit Prof. Dr. Johannes Caspar)

Prof. Dr. Johannes Caspar hat im letzten September Facebook per Anordnung untersagt, Daten deutscher WhatsApp Nutzer zu speichern. In diesem Interview nimmt der Hamburgische Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit Stellung zum Status Quo des Falles und schildert seine Sicht auf den gefährlichen Hype um die Daten.

Prof. Dr. Johannes Caspar spricht beim Datenschutzkongress 2017 (DSK17) zum Thema Digitale Grundrechtecharta – Datenschutz im globalisierten Markt.

Herr Professor Caspar, Sie sind Mitinitiator der im Dezember veröffentlichten Digitalcharta. Können Sie einmal zusammenfassen, worum es den Beteiligten dabei geht?

Prof. Dr. Johannes Caspar: In unserer Zeit der massiven und radikalen Umbrüche in der digitalen Welt benötigen wir einen starken, rechtlich gesicherten Schutz der Privatsphäre und der personenbezogenen Daten. Aber nicht nur das: Gefordert sind darüber hinaus neue Denkansätze zum Konzept der Grundrechte insgesamt. Es verändert sich die Arbeitswelt, die Bedeutung des Zugangs zu Informationen entscheidet über die Teilnahme am öffentlichen Leben und über die Chancengleichheit der Individuen. Wir sind in einer nie dagewesenen Weise abhängig von global agierenden Unternehmen, die eine Vermessung und Verdatung der Welt vornehmen, und zwar ohne die Betroffenen vorher zu fragen. Die klassische liberale Funktion der Grundrechte ist vor diesem Hintergrund nicht mehr zeitgemäß. Die Grundrechte, die in erster Linie einen Schutz vor staatlichen Eingriffen vermitteln, müssen insoweit neu gedacht werden. Die digitale Grundrechtecharta weist in diese Richtung. Ihre Artikel sind nicht als festes Konzept, sondern als Denkanstöße zu verstehen, die in der Öffentlichkeit breit diskutiert werden sollen.

Sie haben im letzten September Facebook per Anordnung untersagt, Daten deutscher WhatsApp Nutzer zu speichern.  Wie ist der Status Quo dieses Falles?

Prof. Dr. Johannes Caspar: Facebook hat gegen die sofortige Vollziehbarkeit unserer Anordnung Klage auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung beim Verwaltungsgericht Hamburg eingereicht. Dieses Klageverfahren ist immer noch anhängig. Zudem hat Facebook Widerspruch gegen unsere Anordnung eingelegt. Auch dieses Widerspruchsverfahren vor dem VG Hamburg ist noch nicht abgeschlossen.

Kommunizieren Sie eigentlich selber per Messenger und Social Media?

Prof. Dr. Johannes Caspar: Nein, nicht in privater Funktion. Allerdings nutze ich soziale Medien zu Testzwecken.

Nicht nur Facebook nutzt Nutzerdaten, um seine Kunden besser kennenzulernen. Welchen Einfluss wird die Datenschutz-Grundverordnung zum Beispiel auf das (Online-)Marketing von Unternehmen haben?

Prof. Dr. Johannes Caspar:  Die Regelungen der DSGVO und der derzeit auf EU-Ebene diskutierten E-Privacy-VO werden den Schutz Betroffener verbessern. Unternehmen, die in diesem Geschäftsfeld agieren, werden künftig stärker die Datenschutzbelange beachten müssen. Das ergibt sich bereits aus den wesentlich höheren Bußgeldern, die bei Verstößen verhängt werden können.

Wie beurteilen Sie die in der E-Privacy-Verordnung zusammengefassten Pläne der EU-Kommission zum Datenschutz in der elektronischen Kommunikation?

Prof. Dr. Johannes Caspar: Es gibt Licht und Schatten. Zunächst einmal ist grundsätzlich zu begrüßen, dass die Regelung als Verordnung, nicht als Richtlinie ergehen soll, und weniger Öffnungsklauseln als in der DSGVO darin enthalten sind. Gleichwohl dürfte hier durch Rat und Parlament noch viel Bewegung in die Diskussionen hineinkommen. Wir kennen die Diskussionen ja noch von der Datenschutzgrundverordnung. Insofern bedarf es keiner besonderen Erwähnung, dass hier noch eine gewaltige Lobbyschlacht zu erwarten ist.

 Im Zuge der Digitalisierung ging es zuerst um das Sammeln von Big Data. Nun sprechen alle von Smart Data, also der effektiven Nutzung dieser Daten. Laufen Unternehmen dabei Gefahr, Legal Data, also das konforme Nutzen der erhobenen Daten, zu vergessen?

Prof. Dr. Johannes Caspar:  Der Hype um die Daten und die daraus resultierende ökonomische und soziale Macht von privaten, aber auch von staatlichen Akteuren verschleiert leider häufig den Blick auf die rechtlichen Vorgaben. Dem entspricht die Sichtweise des Datenschutzes als ärgerliches Hindernis auf dem Weg in eine vermeintlich goldene Zukunft. Umso mehr ist es die Aufgabe der Aufsichtsbehörden aktiv über die Einhaltung der Datenschutzregelungen zu wachen.

Bringen Sie sich auf den aktuellen Stand zur EU-DSGVO beim Datenschutzkongress 2017!

Prof. Dr. Johannes CasparProf. Dr. Johannes Caspar promovierte 1992 an der Fakultät für Rechtswissenschaften Universität Göttingen. 1999 folgte die Habilitation im Staats- und Verwaltungsrecht sowie in Rechtsphilosophie. Ab 1999 war er als Rechtsanwalt in Hamburg und Berlin tätig sowie als Wissenschaftler in Frankfurt am Main. Von 2002 bis 2009 leitete er stellvertretend den Wissenschaftlichen Dienst im Landtag von Schleswig-Holstein. Seit Mai 2009 ist Caspar der Hamburgische Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit, seit 2015 in seiner zweiten Amtsperiode.