ePVO EU-DSGVO Verbraucherzentrale

ePVO & DSGVO aus Sicht der Verbraucherzentrale

Klaus Müller, Vorstand des Bundesverbands Verbraucherzentrale, hält den Ausgleich von Verbraucherinteressen und den Interessen von Unternehmen in der Datenschutz-Grundverordnung für grundsätzlich gelungen. Allerdings gibt es durchaus besonders riskobehaftete Bereiche, in denen die Verbraucherzentrale sich strengere Regelungen gewünscht hätte. Müllers größtes Anliegen: die ePrivacy Verordnung (ePVO) darf nicht zu einem Rückschritt hinter das Schutzniveau der bisherigen ePrivacy-Richtlinie führen oder gar hinter der DSGVO zurückbleiben. 

Wie können Unternehmen den Spagat zwischen eigenen und Verbraucher-Interessen bei der Umsetzung von ePVO & DSGVO meistern? Diskutieren Sie mit uns im Mai 2018 beim Datenschutzkongress, wenn über 300 Datenschutzexperten in Berlin zusammen kommen.

Am 25. Mai diesen Jahres wird die Europäische Datenschutz-Grundverordnung wirksam. Was sind Ihrer Meinung nach die wichtigsten Errungenschaften der EU-DSGVO?

Klaus Müller: Die wichtigste Errungenschaft der DSGVO ist sicher die Harmonisierung des Rechtsrahmens in der EU und die Einführung des Marktortprinzips. Von der Verordnung ist also gleichermaßen jede Datenverarbeitung durch ein in der EU ansässiges Unternehmen erfasst. Unternehmen können sich künftig somit nicht mehr die Mitgliedsstaaten mit dem laxesten Datenschutzniveau für ihren Hauptsitz aussuchen.

Aber auch wenn ein Unternehmen nicht in der EU niedergelassen ist, fällt jede Verarbeitung von personenbezogenen Daten von betroffen Personen aus der EU in den Anwendungsbereich der Verordnung, wenn diesen Verbraucherinnen und Verbrauchern Waren oder Dienstleistungen angeboten werden oder ihr Verhalten beobachtet wird.
Diese Regelungen helfen nicht nur den Verbrauchern bei der Durchsetzung ihrer Rechte, sondern bilden auch einen echten Mehrwert für europäische Unternehmen, in dem sie ein Level Playing Field und damit gleiche Bedingungen für alle schaffen.

Zwischen Verbraucherinteressen und den Interessen von Unternehmen besteht im Bereich des Datenschutzes ein Spannungsverhältnis. Ist dieses Spannungsverhältnis Ihrer Ansicht nach in der Datenschutz-Grundverordnung ausgewogen berücksichtigt worden?

Klaus Müller: Ich bezweifle, dass dieses Spannungsverhältnis zwingend besteht. Die Vergangenheit zeigt, dass höhere Standards nicht zu geringerer Innovation und Wettbewerbsfähigkeit führen müssen. Hohe Standards können im Gegenteil dazu führen, dass Produkte über ihre Qualität und nicht lediglich über ihren Preis bewertet werden. Wie wir beispielsweise in den Bereichen der Produktsicherheit oder der IT-Sicherheit sehen, kann dies Innovation begünstigen. Außerdem schaffen hohe Standards Vertrauen, dass gerade in der digitalen Welt eine zentrale Ressource darstellt. Beispielsweise ist Deutschland wegen seines Datenschutzniveaus der beliebteste Cloud-Standort für Unternehmen.
Aber natürlich ist die Datenschutz-Grundverordnung für uns alle eine große Herausforderung. Ich denke aber, dass der Ausgleich zwischen Verbraucherinteressen und den Interessen von Unternehmen grundsätzlich gelungen ist. Allerdings gibt es durchaus besonders riskobehaftete Bereiche, in denen wir uns strengere Regelungen gewünscht hätten bzw. in denen wir strengere Regelungen benötigen. Gerade der Skandal um die Unternehmen Cambridge Analytica und Facebook haben gezeigt, welche Gefahren in der Profilbildung liegen und wohin die Analyse und Verarbeitung der Wünsche, Interessen und Verhaltensweisen von Verbrauchern führen kann.

Stichwort „Spannungsverhältnis“: In welchem Verhältnis stehen Ihrer Meinung nach ePrivacy Verordnung (ePVO) und Datenschutz-Grundverordnung?

Klaus Müller: Um Privatsphäre und Vertraulichkeit im Bereich der elektronischen Kommunikation sicherzustellen, reicht die DSGVO alleine nicht aus. Aufgrund der besonderen Risiken im Bereich der elektronischen Kommunikation müssen die abstrakten Vorschriften der DSGVO für diesen spezifischen Bereich konkretisiert und strenger gefasst werden. Während die DSGVO lediglich das Recht auf Schutz der sie betreffenden personenbezogenen Daten festschreibt (Art. 8 GRCh), gestaltet die ePVO zusätzlich das Recht auf vertrauliche Kommunikation (Art. 7 GRCh) aus. Außerdem werden wichtige verbraucherschützende Vorschriften der ePrivacy-Verordnung durch die DSGVO nicht abgedeckt, wie Regeln zu unerbetenen Nachrichten per E-Mail und Telefon. In keinem Fall darf die kommende ePrivacy-Verordnung zu einem Rückschritt hinter das Schutzniveau der bisherigen ePrivacy-Richtlinie führen. Absolut inakzeptabel wäre es gar, hinter der DSGVO zurückzubleiben.

Was erwarten Sie von der neuen Bundesregierung in Bezug auf den Datenschutz?

Klaus Müller: Erstens sollte die Bundesregierung die Datenschutz-Grundverordnung als Chance sehen und ihre konsequente Anwendung und Durchsetzung unterstützen. Zweitens sollte sie sich im Rat der EU für eine starke ePrivacy-Verordnung einsetzen. Wesentlich wären der umfassende Schutz von Kommunikationsdaten, kein Tracking ohne Einwilligung und datenschutzfreundliche Voreinstellungen von Kommunikationssoftware. Und Drittens sollte die Bundesregierung der Frage nachgehen, wie algorithmenbasierte Entscheidungen über Verbraucherinnen und Verbraucher künftig überprüfbar und nachvollziehbar gemacht werden können.